@charlotte_schreibt: Das perfekte Weiß (4)

Scroll down to content

Secondhand-Brautläden gibt es in Berlin auch nicht an jeder zweiter Straßenecke, das finde ich jammerschade, aber ich habe einen lauschigen Brautmoden-Verleih entdeckt, bedauerlicherweise kein Kleid in der passenden Größe. Die Farben sind klasse, hätte aber hineinschrumpfen und meine Rundungen brutal abfräsen müssen, um hineinzupassen. Anscheinend heiraten nur zierliche Japanerinnen auf der Durchreise und verscherbeln das Kleid schnell wieder, denke ich boßhaft. Der Gedanke ist nicht politisch korrekt. Okay, aber die meisten Asiaten sind nun mal dünner als ich es je sein würde. Nach drei Wochen vergeblicher Suche finde ich nur einen Ausweg: Teilnahme an diversen Online-Auktionen.

Für meinen Künftigen ergibt mein Tam-Tam um das Kleid keinen tieferen Sinn und wie er funktional andeutet, hängt sein maßgeschneiderter Anzug bereits bei seiner erwachsenen Tochter im Schrank. Dunkler guter Stoff und bezahlt. Ich bin des Staunens verdammt nahe. Maßgeschneidert gleich teuer. Er hat Geld ausgegeben wegen einer Hochzeit, seiner eigenen. Ich dagegen bin über die Farbgebung nicht hinausgekommen und darf jetzt nicht versagen. Es handelt sich um MEIN Kleid, und es würde mein Tag werden, dem viele Reibungen und Momente des Zweifels voraus gehen. Ich habe das schönste Weiß nun wirklich verdient! Ich beschließe, meine Brautgarderobe selbst zu bezahlen und den größten Flohmarktanbieter im Internet aufzurufen. Also grabe ich jetzt meine Finger in die Tasten mit dem Ergebnis von zahlreichen Polyester-Modellen: biedere, aber unverwüstliche und gardinenähnliche Prachtstücke. Aber dann taucht plötzlich ein Angebot vor mir auf dem Bildschirm auf:
Hochzeitskleid, exzellenter Zustand, elfenbeinweiß, Größe 40, damaliger Neupreis 2.500 DM.

D-Mark! Leute, Deeeeee-Maaark!  Nostalgische Ehrfurcht kriecht in mir hoch. D-Mark und Größe 40 aus einer Zeit, in der die Einheit hinter der Zahl noch was taugte und in der Vierzig noch eine Vierzig war und nicht Auslegungssache. Kein Hineinhungern, kein Baucheinziehen. Nur ein Mal getragen. Ach was, frohlocke ich und überfliege schnell das weitere Kleingedruckte bis zum Startpreis: 150 Euro. Die fünf Bilder in der Anzeige überzeugen mich. Ich will bieten, sofort!

Fortsetzung folgt natürlich, meine Lieben!

//Copyright / Claudia Buecken

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: