Zur Selbstabholung – Weil ich genau diese Bedingung überlesen oder einfach nicht gesehen habe vor lauter Freude über meinen Erfolg über sämtliche lästigen Mitbieterinnen, ja genau deshalb stehe ich seltsamerweise in meiner Heimatstadt in einer wunderschönen Straße vor der Türe eines Altbaus und halte den Zeigefinger auf den Klingelknopf. Ich zögere.
Ist das elfenbeinweiße Brautkleid wirklich so hypamega und tageslicht-tauglich? Und tatsächlich Größe 40 wie in der Anzeige versprochen? Was ist, wenn es einfach perfekt ist, aber mich unperfekt kleidet? Oder irrsinnigerweise umgekehrt? Ernsthaft? Sind das die Gründe jetzt, warum ich hadere? Wenn es mir gefällt und sich wunderbar gut anfühlt, ist das der nächste wahre Schritt Richtung Ehestand, oder denke ich gerade Mumpitz? Ich zögere.
Mehrere Stimmen verquirlen sich gerade in meinem Kopf, als würden sie ein spontanes Buzzmeeting aus gegebenen Anlass abhalten. Die Antworten der Befürworter von Mut und Zukunft gehen eindeutig pro Klingelknopf. Ich stehe lediglich am Rand und empfange Anweisungen. Ich zögere.
Ist das mein Kleid? Finde es heraus! Es klingelt.
Mein Smartphone klingelt! Mein bester Freund, aber zu meinem Leidwesen auch mein Chef: „Und Darling? Passen Deine Pfunde ins gebrauchte Kleid?“ lacht er mir unverschämt entgegen. „Ich wünsche mir, dass alle Nähte aufplatzen! Trulla, ich sagt Dir, es kommt immer anders als Du denkst.“ Ich drücke den aufdringlichen Wahrsager einfach weg. Ist ja schlimmer als Engelchen und Teufelchen im Meinungskrieg. Ich zögere.
Ich hab´s getan: Den Knopf gedrückt.
Eine Frau meines Alters mit langen, blonden Haaren öffnet fröhlich die Tür, als ich Luft holend den vierten Stock erreiche. „Du bist die Charlotte.“ Sie reißt die hölzerne Türe weit auf, und ich erblicke das Kleid aus der Distanz auf einen Bügel hängend, beinahe aufgethront zu einer atemraubenden Augenweide. Ich schnaufe: „Ja, ich bin Charlotte.“
Fortsetzung folgt// Copyright Claudia Buecken
SINNtägliches für GleichgeSINNte 