„Aber anders, sobald ich zurück komme!“
„Ich bin nicht aus der Welt.“ Ein Satz, den ich nicht leiden kann. Und das nicht erst seit Corona! Die Hoffnung versprühenden Wörter sind als vollständiger Satz ein hilfloser Versuch mitzuteilen, dass der Sender und die Empfänger einer Sammel-Abschiedsmail in Kontakt bleiben. Mitnichten! In den meisten Fällen eben nicht. Kollegen, die sich weg entwickeln, sehe ich meist analog nicht wieder. Allenfalls digital. Es sei denn, ich bleibe ihnen auf den XING-Fersen und verfolge sie hin und wieder auf sämtlichen Social Media Kanälen. Falls vorhanden und verknüpft. Am Anfang gibt es vielleicht noch ein paar Kommentare und lustige Eintagsfliegen, und später sind es dann kleine Gifs wie zum Beispiel ein rührseliger Trickhund mit Herz! „Give me a hug!“
Das passiert sogar, wenn Kollegen in der Firma haften bleiben und nur die Abteilung wechseln. Heftig! Aber vermutlich normal. Ich könnte wunderbar einen Acht-Stunden Tag, fünf mal die Woche, füllen. Um mit allen Kollegen zu plaudern, die die Firma oder Abteilung einst verlassen haben. Übertreibe ich, wenn ich behaupte, dass ein Wechsel der Tischgruppe ebenso dieses Phänomen begünstigt? Jetzt muss ich selber lächeln.
Der Tag müsste also mindestens 36 Stunden haben, um alle Verbindungen zu halten. Aber auch vorzugsweise gerade die Kontakte mit ernsthafter Absicht, diese regelmäßig zu pflegen, schaffen es nicht auf die Top 30 der persönlichen Kommunikation-Charts. Der Tag ist einfach zu kurz und die Prioritätenliste auf beiden Seiten zu wankelmütig. Loslassen! Ein Zauberwort tausendfach zu lesen auf Instagram und co.
Ich bin nicht aus der Welt ist einfach nur die Einleitung für die bittere Wahrheit: Die Connection wird immer dünner in Zukunft. Der Abschnitt ist eben nur ein Abschnitt im beruflichen Leben. Ich bin nicht aus der Welt ist eine Entscheidung, kontrovers das Ergebnis.
Jetzt baue ich die Brücke zum Home-Office: Ich bin tatsächlich nicht aus der Welt. Wenn ich das wirklich will. Das ist die gute Nachricht. Analoge Defizite können mit einer digitalen Kontaktoffensive ausgeglichen werden. So ist es oder doch noch immer ein Experiment? Realität: Ich bin in Kontakt, aber habe nur zwei Kollegen in 14 Monaten in echt tuchgefühlt. Zwischen den Lockdowns. Doch was ist die schlechte Nachricht, fragt sich jetzt manche/r Lesende an dieser Stelle. Jetzt kommt genau die Stelle, die einen verdächtigen Nachteil von Home-Office offenbart. Die wirklich echte Bindung zwischen Firma und Mitarbeitende geht wie eine/ein Schleichende(r) aus dem Raum. Das ist der Anfang.
„Die Bindung“ an die Firma und zur Firmenphilosophie nutzt vielleicht die Gelegenheit und schleicht sich ebenfalls aus dem Raum.
Die Sichtbarkeit des Einzelnen – in diesem Blog vornehmlich der Arbeitnehmer im HO – ist die eine Seite der Medaille, deren Glanz zu erhalten sich lohnt. Die andere Seite zu polieren ist Aufgabe der Firma: transparent, kommunikativ und offen zu bleiben beziehungsweise zu werden, wie auch immer. Die Verbundenheit muss einfach gepflegt werden. Egal wo der Hintern hockt.
Ein Loyalitäts-Lockdown in den Köpfen der Kollegen darf sich keine Firma auf Dauer leisten. Sich im Home-Office zu verstecken und keinen Mucks von sich zu geben, ist bequem, aber keine gute Lösung, sondern führt langfristig zu kapitalem Schwund.
Aber Hand aufs Herz: Startet der moderate Rückruf ins Büro, werden wir nicht mehr dieselben sein. Das behaupte ich einfach mal. Wir sind nicht aus der Welt, aber anders unterwegs. Eine spannende Zeit steht uns also bevor, sobald wir erkennen wie sich das Anderssein im Großraum-Miteinander ausdrücken wird. Entfremdung als neues Auffangbecken für die neuen Autopiloten an den Schreibtischen. Klar, alles Satire, versteht sich!?
Bis dahin ziehe ich im HO meine Jalousien so weit runter wie ich möchte und bin (fast) ganz ich selbst.
Fortsetzung folgt// Frau Buecken